Konflikte führen – Auszug aus meinem Buch

Die 5-Punkte-Methode für konstruktive Konfliktkommunikation

Sie haben einen akuten Konflikt oder möchten Ihre Konfliktlösungsfähigkeiten grundsätzlich verbessern? Wunderbar! Dann sind Sie hier genau richtig.

Die ersten und für viele Menschen besonders schwierigen Schritte haben Sie schon gemeistert! Sie wissen, dass Sie die Macht haben, Ihre Situation selber zu verbessern. Und Sie sind auch bereit, sich mit der Situation auseinanderzusetzen. Mit dem Lesen dieses Buches haben Sie bereits damit begonnen!

Was kann ich nun für Sie tun?
Ich gebe seit vielen Jahren Konfliktmanagement-Trainings und habe die besten und wirkungsvollsten Praxistipps für Sie zusammengestellt. Als Erstes finden Sie in diesem Buch die 5- Punkte-Methode. Wenn Sie diese fünf Punkte beantworten, haben Sie an alles Wesentliche zur Vorbereitung des Konfliktgespräches gedacht. Und Sie können Ihre Antworten direkt als Leitfaden für Ihr Konfliktgespräch verwenden. Ich habe Ihnen in diesem Buch nur die Erkenntnisse zusammengestellt, die sich in der Praxis immer wieder als sehr hilfreich erwiesen hat.

Im zweiten Teil des Buches gibt es eine Fülle von praktischen Tipps, die über die Jahre bei vielen Teilnehmern zu großen Veränderungen geführt haben. Ich habe immer wieder erlebt, wie kleine Denkanstöße zu lebensverändernden Einsichten wurden. Betrachten Sie dieses Buch als Buffet. Nehmen Sie sich einfach das heraus, was für Sie attraktiv ist.

 

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1. Brennt ein Konflikt? Mit der 5- Punkte-Methode finden wir eine Lösung!

Was kann ich tun, wenn ich einen Konflikt ansprechen möchte? Wie genau kann ich mich vorbereiten, damit das Gespräch erfolgreich verlaufen wird? Wie verschaffe ich mir einen Überblick, worum es mir eigentlich wirklich geht? Und wo fange ich an, wenn alles zu „brennen scheint“?

Das sind Fragen, die sicher jeder kennt.
Leider läuft eine typische Konfliktsituation meistens so ab: Der Streit oder Interessenkonflikt wird wahrgenommen und es ist auch der Wille vorhanden, die Situation zu lösen – denn Konflikte empfinden die meisten Menschen als unangenehm und belastend. Doch am „Wie“ scheitert es. In unserer emotionalen Aufgewühltheit sagen wir oft Dinge, die wir nachher bereuen oder wir sagen nichts. So gären Konflikte weiter, – manchmal über Jahre. Gefühle von Hilflosigkeit, Wut und Resignation nagen immer mehr am Selbstbewusstsein und können auch zu Depression und Burnout beitragen.
Im Privatleben scheitern deswegen sogar Lebensgemeinschaften und im Beruf haben sich unzählige Mitarbeiter auf Grund negativer Konflikterlebnisse bereits seit Jahren innerlich vom Unternehmen verabschiedet.

 

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Für den Einsatz in der Unternehmspraxis sowie im privaten Alltag habe ich die 5-Punkte-Methode entwickelt. Sie besteht aus den Punkten, welche sich in jahrelanger Trainingspraxis immer wieder als die Dreh- und Angelpunkte der Konfliktlösung herausgestellt haben. Das Beste aus umfangreicher Theorie und langjähriger Erprobung ist in dieser Methode zusammengefasst. Sie funktioniert. – Bei konsequenter Anwendung auch mit unserem ärgsten Unternehmensfeind oder bei dem Hauptstreitpunkt mit unserem Lebenspartner. (Natürlich sind für solche Extremsituationen Übung, ein paar grundsätzliche Erkenntnisse und vielleicht ein Zettel zum „Entlanghangeln“ hilfreich. Dafür werden Sie eine Fülle von Anregungen und Tipps sowie Kopiervorlagen in diesem Buch finden.)

Falls Sie die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg kennen, werden Sie Überschneidungen mit der 5-Punkte-Methode bemerken (Rosenberg, 2012). Diese sind bewusst gewählt. Auch Erkenntnisse aus anderen Ansätzen wie der Sozialpsychologie oder Neurobiologie könnten Ihnen bekannt vorkommen. Die 5-Punkte- Methode ist ein komprimiertes und vereinfachtes Modell der verschiedenen Ansätze zur Konfliktlösung.

Sie können sie als Checkliste benutzen, um an alles Wesentliche zu denken. Wenn Sie die 5-Punkte-Methode anwenden, entwickeln Sie nicht nur ein umfassendes Verständnis der Situation, Sie erstellen „ganz nebenbei“ auch einen guten Einstieg für das Gespräch und einen Gesprächsleitfaden! Wie das geht, erfahren Sie gleich.

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Die 5-Punkte-Methode zur Konfliktlösung – Spickzettel

1. Wertschätzung

1.1. Was schätze ich an meinem Konfliktpartner?
1.2. Was könnte mein Konfliktpartner an mir schätzen?

2. Fakten

Was ist objektiv geschehen?

3. Eigene Reaktion auf die Fakten

3.1. Wie fühle ich mich jetzt in dieser Situation meinem Konfliktpartner gegenüber?
3.2. Welche Bedürfnisse stecken dahinter?

4. Perspektive

Was will ich in Zukunft mit dieser Person erleben?

5. Aktion

Was kann ich anders machen? Habe ich einen Wunsch an meinen Konfliktpartner?

[…]

1.1. Wertschätzung
1.1.1. Was schätze ich an meinem Konfliktpartner?

Welche positiven Seiten hat Ihr Konfliktpartner? Was bewundern Sie vielleicht sogar an „ihm“? Welche Verhaltensweisen von „ihr“ finden Sie angenehm, sinnvoll oder erfreulich?

Es mag Sie überraschen, dass ich gerade jetzt, wo Sie vielleicht sehr wütend und verletzt sind, diese Frage stelle. Sie dürfen weiterhin fühlen, was Sie fühlen. Stellen Sie neben Ihre vielleicht sehr negativen Gefühle diese Frage: Warum ist Ihnen diese Person eine Auseinandersetzung wert?

Meiner Erfahrung nach ist der Gesprächseinstieg bei einem Konflikt viel leichter und zielführender, wenn wir der anderen Person sagen können, warum wir sie schätzen und warum sie es uns wert ist, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Wir legen damit die Motivation für das Konfliktgespräch offen. Unser Gegenüber kann sich dadurch während der folgenden Lösungsfindung sicherer fühlen. Ihm ist klar, das wir neben den Verfehlungen oder dem vielleicht einfach ärgerlichen Missverständnis auch seine positiven Seiten sehen.

Zeigen wir unserem Gegenüber als erstes unsere Wertschätzung, ist der weitere Gesprächsverlauf viel einfacher!

Beispiele für einen gelungenen Gesprächsbeginn

„Sie sind ein sehr fähiger Informatiker und für dieses Unternehmen sehr wichtig. Auf Ihre Einschätzung kann ich mich immer verlassen. Daher möchte ich mit Ihnen über einen Punkt sprechen, der mir in der letzten Woche etwas Sorgen bereitet hat.“

Anstatt: „Herr Müller, wie konnten Sie das machen? Darüber müssen wir sprechen! So können Sie doch nicht handeln …“

„Als Freundin schätze ich Dich sehr. Ich bin froh, dass ich mit Dir über alles reden kann. Und ich freue mich immer auf unsere gemeinsame Mittagspause am Dienstag. Daher ist es mir sehr wichtig, eine Sache anzusprechen, die mir in den letzten Tagen etwas Bauchschmerzen bereitet hat.“

Anstatt: „Tina, warum hast Du das gemacht? Ist Dir eigentlich klar, wie wütend ich deswegen bin?!“

Unser Gehirn hilft uns beim Ärgern

In Konfliktsituationen neigen Menschen schnell dazu, einen Tunnelblick zu entwickeln. Wir ärgern uns über unser Gegenüber und sofort fallen uns all‘ die anderen Dinge ein, die wir an ihm oder ihr noch nie mochten. Wir denken an Dinge wie: „Und außerdem hat sie doch letztens diesen doppeldeutigen Kommentar fallen lassen! Allein schon ihr intensives Parfüm ist eine Belästigung!“ – „Er wusste doch, dass er mich sehr entlastet hätte, wenn er das Projekt früher abgegeben hätte! Und gegrüßt hat er mich letztens im Parkhaus auch nicht!“
Das liegt an der Art, wie unser Gehirn vernetzt ist. Wenn wir in einer bestimmten Stimmung sind, erinnern wir uns besonders leicht an Erfahrungen, welche wir in dieser Stimmung gemacht haben. Das bedeutet im Alltag, dass wir uns in unserer Wut vor allem an weitere

Ärgernisse mit dieser Person erinnern. Im Positiven gilt das natürlich genauso!
Ich denke mir, Wissen macht frei:

Tipp:

Wenn wir uns das nächste Mal dabei erwischen, wie wir unser Gegenüber ganz besonders anstrengend finden (eine Person, die wir sonst vielleicht schätzen), können wir uns daran erinnern, dass das eine neurologische Eigenheit von Menschen an sich ist. Statt uns also zu wundern, warum wir mit einer so akut furchtbar wirkenden Person zu tun haben, wissen wir, dass das gerade eine Verzerrung der Realität in unseren Gedanken ist. Und das Beste ist: wir haben die Macht diese wieder aufzulösen – Wir müssen uns nur auf die „Schokoladenseiten“ unseres Gegenübers konzentrieren. #Tipp Ende#

Die Frage „Was schätze ich an meinem Konfliktpartner“ ist also sehr wichtig, um unseren Konfliktpartner wieder realistischer zu sehen. Ja, manches ist vielleicht schwierig mit dieser Person, aber anderes ist vielleicht auch wunderbar! Wir haben diesen Mitarbeiter, diese Freundin oder diesen Partner doch nicht gewählt, weil wir uns gerne ständig ärgern! Die bewusste Entscheidung, positive Seiten einer Person zu finden, befreit uns von dem Tunnelblick und lässt uns die Situation wieder umfassender Wahrnehmen. Und dann fällt es uns auch wieder leichter, unser Gegenüber insgesamt zu respektieren.

Gehen wir anschließend mit einer inneren Haltung von Respekt und Wertschätzung in das Konfliktgespräch, ist die weitere Klärung oft leicht.

Es kann sein, dass Sie mit Ihrem Konfliktpartner zusammenarbeiten müssen. Dann haben Sie eventuell das Gefühl, dass Sie gar nicht selbst entscheiden können, ob er oder sie Ihnen eine Auseinandersetzung wert ist.

Überlegen Sie sich trotzdem, welche positiven persönlichen Anreize eine Klärung für Sie hätte. Es könnten ein positives Arbeitsklima, klare Verhältnisse oder verbesserte Arbeitsabläufe sein. Wenn Sie mit etwas Geduld schauen, können Sie vielleicht auch entdecken, dass Ihr Gegenüber doch positive Seiten hat – auch wenn Sie sich auseinandersetzen „müssen“. Und das „müssen“ ist auch hier relativ. Sie könnten sich einen neuen Arbeitgeber oder Mitarbeiter suchen. Sie könnten den Konflikt auch weiter eskalieren lassen. Aber wäre es nicht angenehmer, das Thema wäre vom Tisch?

Tipp:

Überlegen Sie sich immer, welche positive Motivation Sie für eine Klärung haben. Wenn wir uns bewusst für ein Konfliktgespräch entscheiden, weil wir es wollen (und nicht nur „müssen“) gehen wir

mit einer Haltung der Selbstbestimmung, anstatt der Haltung eines unwilligen Opfers in das Gespräch. So wirken wir klarer, positiver und selbstbewusster und eine Lösung wird deutlich wahrscheinlicher!

Und ganz ehrlich: Wir würden doch auch lieber von jemandem auf einen Konflikt angesprochen werden, der sich bewusst für eine Aussprache entschieden hat, als von jemandem, der uns den Eindruck vermittelt, er wäre dazu gezwungen, oder?

Bitte keine Schaumschlägerei!

Bei diesem Punkt ist es (wie immer) wichtig, dass wir ehrlich sind. Es geht nicht darum, schnell irgendetwas beliebig Positives zu sagen, um unser Gegenüber zu manipulieren und gefügig zu machen. Es geht darum, dass wir uns wirklich ehrlich überlegen, was wir an unserem Gegenüber schätzen. Wenn wir uns der positiven Seiten unseres Konfliktpartners bewusst sind, spüren wir auch leichter eine Verbindung zu diesem. Und eine positive Verbindung ist eine wirklich hilfreiche Grundsituation. Es fällt uns so nicht nur leichter, klare und freundliche Worte zu finden – unsere ganze Körpersprache signalisiert unsere Einstellung. So wird unser Konfliktpartner nicht nur verbindendere Worte hören, er wird auch – oft unbewusst – unsere Körpersprache deuten und daher unseren Worten glauben. Schöne Worte allein bei negativer innerer Einstellung erzeugen nur berechtigtes Misstrauen. Daher lohnt es sich immer, mit einer klaren und positiven Haltung in ein Gespräch zu gehen.

Der Saurier und das Blumen pflücken

In meinen Trainings erlebe ich häufig, dass es in der ersten Phase der akuten Wut schwierig ist, etwas Positives am Gegenüber zu finden. In dem Fall sind wir ohnehin noch nicht in der Lage, ein konstruktives Konfliktgespräch zu führen. Dann ist es erst einmal sinnvoll, Abstand zu gewinnen und sich zu entspannen. Solange wir emotional aufgewühlt sind funktioniert unser Großhirn – und somit das bewusste Denken – ohnehin nicht besonders gut. Wenn wir uns sehr gestresst oder bedroht fühlen, laufen die jahrtausende alten Programme von Kampf, Flucht oder „tot stellen“ ab. Rein körperlich gesehen reagieren wir bei einem heftigen Bürokonflikt genauso, als müssten wir gerade vor einem Dinosaurier fliehen. Somit wird vor allem der Teil des Gehirns (das Stammhirn) aktiv, welcher nur das Überleben zum Ziel hat. Und der sorgt unter anderem dafür, dass vor allem unsere Muskeln durchblutet werden. Wenn wir also in einem akuten Konflikt starken Stress erleben, ist es eher unwahrscheinlich, dass wir kreative Problemlösungen und verbindende Worte finden. Ich stelle mir das immer so vor: Wenn unser Körper gerade biologisch gesehen genauso reagiert, als würden wir vor einem Dinosaurier fliehen, kommen wir auch nicht auf die Idee unterwegs ein paar hübsche Blumen zu pflücken. Damit wir also überhaupt mit dem passenden Teil unseres Gehirns denken können (Durchblutung und die richtigen Hormone im System helfen da ungemein!), ist Entspannung unerlässlich. Die persönlichen Vorlieben zum Entspannen reichen von einer tiefen Bauchatmung, über Druck ablassen per Telefon bis über einen Spaziergang … Weitere Tipps zum Entspannen finden Sie auch im Kapitel „Vorbereitung des Konfliktgespräches“. Was hilft Ihnen, Abstand zu gewinnen und sich zu entspannen? Wenn wir uns beruhigt haben, ist es viel leichter, positive Seiten an unserem Gegenüber zu entdecken (und ein paar Blumen pflücken zu gehen ;-). Und falls das gerade immer noch schwierig ist: Sprechen Sie mit jemanden darüber, der die Person ebenfalls kennt. Und falls Sie lieber mit Außenstehenden sprechen möchten, – auch das ist oft hilfreich. Manchmal fallen Unbeteiligten positive Seiten einer Person schneller auf, auch wenn sie die betreffende Person nur aus Erzählungen kennen.

Wie auch immer Sie zu Antworten kommen – es lohnt sich, diese zu finden!

Tipp:

Wenn Sie ein Konfliktgespräch beginnen, seien Sie sich im Klaren darüber, was Sie an dem anderen schätzen. Sagen Sie dies Ihrem Gegenüber am Anfang deutlich, bevor Sie die konkrete Konfliktsituation ansprechen.

[…]

 

Die eigene Kommunikation zu verbessern und Konflikte immer leichter zu lösen ist eine sehr erfreuliche, lohnenswerte und vermutlich lebenslange Aufgabe. Und jeder Schritt in die richtige Richtung macht das Leben leichter und schöner!

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Erfolg! Ihre Linda Schroeter

 

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